Angenommen ihr möchtet deutsche Fachsprache rund um das Thema Schach lernen. Wie könntet ihr dies angehen? In diesem Artikel möchte ich über Einführungsbücher als Ressource sprechen. Für diesen Artikel nehme ich das Buch „Die kleine Schachschule“ von Jonathan Carlstedt zur Hand.
„Die kleine Schachschule“
Zuerst zu dem Buch. „Die kleine Schachschule“ wird auf dem Cover für „Perfekt für Anfänger!“ beworben. Das Buch geht grundlegende Schachregeln und erste wichtige Aspekte des Schachspiels in Eröffnung, Mittelspiel und Endspiel durch. Zusätzlich gibt es ein paar Übungen und Lösungen im Buch. Nun stellen wir uns vor, ihr sprecht Dari oder Ukrainisch und habt die Schachbegriffe bisher vor allem in diesen Sprachen verwendet. Nun könnt ihr in dem Buch, in dem zu vielen beschriebenen Stellungen auch Grafiken zu sehen sind, die Phänomene, die ihr bereits kennt, raussuchen und dort nachsehen, wie dieses Phänomen auf Deutsch genannt wird.
Einführung
Lasst uns einmal etwas tiefer in den Aufbau des Buches gehen. Es beginnt mit den Grundlagen: Das Schachbrett und die Figuren. Die Figurennamen werden für die meisten Schachspieler*innen, die die Figurennamen in einer weiteren Sprache lernen wollen, die ersten Wörter zu lernen sein. Um Schachnotationen in einer anderen Sprache zu verstehen, empfiehlt es sich auch, die Abkürzungen der Figuren zu lernen. Generell handelt es sich bei den Abkürzungen um den Anfangsbuchstaben des Namens der Figur. Aber Achtung, dies ist nicht immer der Fall. Lasst uns einmal die Figurennamen und deren Abkürzungen auf Deutsch und Englisch ansehen:
Figurennamen auf Englisch | Figurennamen auf Deutsch |
King – K | König – K |
Queen – Q | Dame – D |
Rook – R | Turm – T |
Bishop – B | Läufer – L |
Knight – N | Springer – S |
Pawn | Bauer |
Seht ihr die englischsprachige Abkürzung für Springer? Das Wort „knight“ wird mit einem geschriebenen „k“ begonnen, aber gesprochen beginnt das Wort mit einem „n“. Der Vorteil bei dem „N“ als Abkürzung ist, ist, dass K bereits für den König („king“) verwendet wird.
Nun, eine kleine Liste mit den Figurennamen lässt sich einfach recherchieren. Der Vorteil bei einem Einführungsbuch wie der kleinen Schachschule ist, dass auch noch das Drumherum zu den Figuren beschrieben ist. D.h., wenn ihr soweit seid, dass ihr die Figurennamen sicher beherrscht, könnt ihr tiefer eintauchen und auch die Begriffe lernen, die verwendet werden, um über die Figuren und wie sie gezogen werden können, verwendet werden. Damit so ein Buch hilfreich für verschiedene Sprachniveaus ist, ist eine grundlegende Aufteilung der Inhalte wichtig. In der kleinen Schachschule werden beispielsweise die grundlegenden Begriffe als Überschriften verwendet. Die komplizierteren Begriffe, die für weitere Beschreibungen benötigt werden, finden sich im Fließtext an. Seht ihr, wie grundlegende Prinzipien guten Schreibens hier verwendet werden? Es werden einfache wichtige Begriffe für Überschriften genutzt. So kann man sich am Inhaltsverzeichnis orientieren und es ist einfach zu checken, wo man zu welchem Konzept detaillierteres Wissen im Buch findet.
Nach dem Kapitel zu den Figuren und dem Schachbrett folgt ein Kapitel mit dem Titel „Wie Schach funktioniert“. Die Unterkapitel tragen die Titel „Das Zugrecht“, „Schach-Matt“, „Patt“, Die Wertigkeit der Figuren“. Hier werden nun weitere Schachregeln und wichtige Begriffe besprochen.
Unterschiede in Ressourcen
Begriffe wie die Namen der Schachfiguren oder auch die Begriffe rund ums Schachsetzen und Schachmatt und Patt, lassen sich auch über Texte wie die Fide-Regeln und deren deutsche Übersetzung lernen. Für eine Übersicht der Schach-Notation in mehreren Sprachen hatte ich beispielsweise einmal die verschiedenen Übersetzungen der Fide-Regeln miteinander verglichen und die Begriffe in eine Tabelle geschrieben. Da die Fide eine weltweite Schachvereinigung ist und die Regeln in etlichen Regionen verstanden werden müssen, werden die Fide-Regeln, die auf englisch veröffentlicht werden, auch in viele andere Sprachen übersetzt. Da es sich bei den Fide-Regeln aber um ein Regelwerk handelt, für die präzise Sprache und weniger Verständlichkeit im Fokus steht, kann es vorkommen, dass Einführungsbücher, die extra für Beginner geschrieben werden, einfacher zu verstehen sind als die Fide-Regeln, die etliche Eventualitäten im Schachspiel mit inbegriffen haben müssen. Eine andere Ressource zum Lernen von Schachbegriffen sind auch Regelwerke, die bei Hobby-Schachbrettern in Spielesammlungen o.ä. mitgeliefert werden. Dort kann das Problem bestehen, dass die Regeln etwas zu einfach gehalten werden. Dies ist okay für einen Anfang, wenn ihr aber auf Vereinsniveau spielt, interessiert ihr euch aber vielleicht für mehr Begriffe. Zwei Sonderfälle, die von den allgemeinen möglichen Zügen etwas abweichen, sind beispielsweise en passent schlagen und die kleine und die große Rochade. Auch solche Phänomene sind in der kleinen Schachschule beschrieben. Ihr seht, das Durcharbeiten der wichtigen Begriffe in diesem Buch (als Beispiel) sorgt dafür, dass ihr das wichtige Vokabular rund ums Schachspiel findet.
Ein großer Teil der kleinen Schachschule kümmert sich um Eröffnungen, das Mittelspiel und das Endspiel. In diesem Buch geht der Autor einige Eröffnungen durch, so dass sich die Eröffnungsnamen lernen lassen. Die goldenen Regeln des Schachspiels sind dabei sowie einige Diagramme. Die übliche Schachnotation wird neben den Diagrammen für die Eröffnungen verwendet, was bedeutet, dass man sich an die deutsche Notation gewöhnen kann.
Stellen wir uns einmal vor, wir sitzen in einer Trainingssession. Wir sehen uns zusammen eine Partie an und analysieren, was gut gelaufen ist und was nicht. Die Trainerin fragt nach der Bewertung für die aktuelle Stellung. Taktische und strategische Konzepte haben im Schach eigene Namen. Dieses Vokabular ist wichtig, um über diese Konzepte sprechen zu können. Neben Büchern lässt sich natürlich auch mit Videos oder in Live-Trainingssessions lernen.
Fide-Regeln und Wikipedia als Ressourcen
Vielleicht bist du selbst auch Trainer*in und du kennst alle Konzepte, aber dir fehlt noch etwas das deutsche Vokabular, um Training auf Deutsch zu geben? Eine Sache ist es, die Konzepte zu kennen, eine andere Sache ist es, die Konzepte in der Zielsprache erklären zu können. Wenn Deutsch die Zielsprache ist, haben wir das Glück, dass es eine große Sammlung an Schachbüchern gibt, durch die die Fachbegriffe gelernt werden können. Zusätzlich gibt es deutsche Übersetzungen der Fide-Regeln und etliche Möglichkeiten weiteres Material zum Thema Schach auf Deutsch zu finden. Dies ist für andere Sprachen etwas anders. Eine aus meiner Sicht weiterhin großartige Ressource, um Fachbegriffe zum Thema Schach zu finden, ist Wikipedia. Wenn ihr auf einem Wikipedia-Artikel zu einer Sache in einer Sprache seid, könnt ihr am Rand die Sprache anklicken und eine neue auswählen. Um dies zu testen könnt ihr gerne mal auf die Wikipedia-Seite „Schach“ in der deutschen Wikipedia gehen. Am Rand könnt ihr andere Sprachen anklicken, so zum Beispiel „Plattdüütsch“, um dann auf die niederdeutsche Wikipedia-Seite mit dem Titel „Schachspeel“ zu kommen. Natürlich gibt es auch auf Wikipedia mehr Artikel in einer Sprache als in vielen anderen. Da Schach aber ein weit verbreitetes Spiel ist, lässt sich hier für viele Sprachen bereits einiges an Fachbegriffen auffinden. Bitte ignoriert jedoch nicht, was für eine Art von Ressource Wikipedia ist. Dies sollte nicht die einzige Quelle für einen wissenschaftlichen Aufsatz sein, aber wenn ihr Fachbegriffe sonst nirgendwo findet, könnt ihr a) bei Wikipedia die Quellen durchsehen und dort nachsehen, ob die Quellen hilfreich für euch sind und b) die Begriffe erstmal aufnehmen und dann mit vertrauenswürdigeren Quellen gegenchecken. Je nachdem wofür ihr die Fachsprache benötigt, sollte der Punkt „mit vertrauenswürdigeren Quellen gegenchecken“ mehr oder weniger Relevanz für euch bekommen. Wenn es euch darum geht, Youtube-Videos besser zu verstehen, braucht ihr eure Begriffe vielleicht weniger verifizieren als, wenn es darum geht, Schach-Sprachkursmaterial zu konzipieren und zu unterrichten.
Wenn ihr mit Wikipedia arbeitet, könnt ihr auch Erfolg mit der Arbeit mit Kategorien haben. Als Beispiel habe ich einmal die Kategorie „Schach“ auf der niederdeutschen Wikipedia genommen. Niederdeutsch ist eine Regionalsprache, die in Norddeutschland gesprochen wird. Die Fide-Regeln gibt es nicht auf Niederdeutsch übersetzt. Nun gibt es aber Wikipedia-Artikel auf Niederdeutsch. Durch die Kategorienfunktion von Wikipedia lässt sich nun herausfinden, welche Artikel auf der niederdeutschen Wikipedia mit Schach getaggt wurden. Zu dem Zeitpunkt, als dieser Artikel geschrieben wird, gibt es drei Unterkategorien, „Schachanspeel“, „Schachkomponist“ und „Schachspeler“. Unter „Schachanspeel“ lässt sich eine Liste von Schacheröffnungen finden, die auf eigenen Wikipedia-Seiten auf Niederdeutsch erklärt werden. 19 weitere niederdeutsche Artikel sind unter „Schach“ getaggt.
Was macht „Die kleine Schachschule“ von Jonathan Carlstedt in diesem Kontext so besonders? Da das Buch Anfänger*innen adressiert, sind die Grundlagen des Schachspiels das Thema des Buches. So lässt sich auch das Vokabular für diesen Kontext darin wunderbar finden. Durch die organisierte Aufteilung des Buches und der Nutzung von Konzepttiteln als Überschriften, lässt sich dieses Buch gut zum Lernen nutzen. Prinzipiell lassen sich natürlich auch andere Schachbücher verwenden. Praktisch an diesem speziellen Buch ist auch, dass es klein und handlich ist. Es hat knapp über 200 Seiten, ist aber kaum länger als so manches Smartphone. Es passt also gut in eine Tasche für unterwegs.
Einführungsbücher als Material zum Lernen von Fachsprache in eurer Zielsprache!
Solltet ihr eigentlich kein Interesse an Schach haben, aber am Lernen von Fachvokabular, denn könnt ihr aus diesem Artikel vielleicht dies mitnehmen: Guckt euch Einführungsbücher zu eurem Thema an, denn dort werden die Grundlagen für Einsteiger*innen beschrieben. In diesem Kontext werden in der Regel die wichtigsten Begriffe erklärt. Auf diesem Weg solltet ihr einen guten Einstieg in das Fachvokabular in eurer Zielsprache bekommen.
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Material:
Carlstedt, Jonathan (2023): „Die kleine Schachschule: Regeln, Strategien und Spielzüge verständlich erklärt“, 3. Auflage, humboldt: Hannover.
Deutscher Schachbund (2023): Die Fide-Regeln: Deutsche Übersetzung & Authentic Version. https://www.schachbund.de/srk-news/neue-fide-regeln-ab-01-01-2023.html.
International Chess Federation (2023): „Fide laws of chess“ in: Fide Handbook, https://handbook.fide.com/chapter/E012023.
Wikipedia (2023): „Schach“, in: Wikipedia: die freie Enzyklopädie, deutsche Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Schach.
Wikipedia (2023): „Schachspeel“, in: Wikipedia – Dat fre’e Nakieksel, niederdeutsche Wikipedia, https://nds.wikipedia.org/wiki/Schachspeel.
Wikipedia (2013): „Kategorie: Schach“, in: Wikipedia – Dat fre’e Nakieksel, niederdeutsche Wikipedia, https://nds.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Schach.
Wikipedia (2013): „Kategorie: Schachanspeel“, in: Wikipedia – Dat fre’e Nakieksel, niederdeutsche Wikipedia, https://nds.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Schachanspeel.
Alle Links wurden zuletzt am 23.11.23 abgerufen.